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Phasenwechselmaterialien: Innovationen im Wärmemanagement

Thermische Interface-Materialien (TIMs) werden in elektronischen Anwendungen eingesetzt, um die Wärmeübertragung effizienter zu gestalten und die Betriebstemperatur eines Geräts zu reduzieren. Sie verbessern die Wärmeableitung zu einem Kühlkörper, wo die Wärme durch Konvektion an die Umgebung abgestrahlt wird. Die Nachfrage nach einem verbesserten Wärmemanagement in elektronischen Geräten steigt ständig, besonders bei Anwendungen, in denen sowohl Miniaturisierung als auch eine hohe Leistung gefragt sind. Eine neue Generation thermischer Phase-Change-Materialien (PCM), die einen Phasenwechsel vollziehen, bietet praktische und effiziente Alternativen zu herkömmlichen Wärmemanagementlösungen wie nichthärtenden Wärmeleitpasten.

Ein PCM ändert seine Beschaffenheit bei der Phasenwechseltemperatur. Das bedeutet, dass es über der Phasenwechseltemperatur von einem festen zu einem weicheren formbareren Wärmeleitmaterial wird. So kann sich das Produkt an die Konturen der Oberfläche anpassen und alle Hohlräume und kleinen Lücken füllen, wie es eine Paste beim Auftragen tun würde. So entsteht eine besonders schmale Verbindungsfuge, und der Wärmewiderstand an der Übergangsstelle ist minimal.

Verbesserte Wärmeübertragung

Typische Anwendungen, die von der effizienteren Wärmeübertragung profitieren, sind Technologien, die in kleinen elektronischen Geräten eingesetzt werden, zum Beispiel Smartphones, Spielkonsolen, Tablets, usw. Diese kleinen Geräte führen viele Aufgaben bei besonders hoher Geschwindigkeit durch und benötigen dazu eine höhere Leistung. Die Größe des Geräts führt dazu, dass die durch die höhere Leistung erzeugte Wärme negative Auswirkungen auf die Leistung und/oder Lebensdauer des Geräts selbst hat. Ein weiterer wichtiger Bereich, in dem ein optimales Wärmemanagement eine große Rolle spielt, ist zum Beispiel die Leistungselektronik, die unter anderem in Anwendungen wie Energieverteilung, Sensortechnologie, Elektrofahrzeugen und Hochleistungs-LEDs zum Einsatz kommt. Die Auswahl des richtigen TIM für diese Anwendungen ist sehr wichtig für die langfristige Zuverlässigkeit der Geräte.

Die anfängliche Auswahl geeigneter TIM zum Testen erfolgt oft auf Grundlage einer hohen Gesamtwärmeleitfähigkeit, die die Effizienz der Wärmeübertragung durch das TIM selbst angibt. Die Gesamtwärmeleitfähigkeit alleine kann jedoch einen falschen Eindruck von der erwarteten Leistung vermitteln. Wenn Tests unter Einsatzbedingungen durchgeführt werden, gibt ein geringer Wärmewiderstand des Geräts die tatsächliche Effizienz der Wärmeübertragung des TIM an. Er kann anhand folgender Formel ermittelt werden:
Gesamter Wärmewiderstand eines Geräts = (BLT/K) + Rc

BLT = Dicke der Verbindungsfuge des TIM
K = Gesamtwärmeleitfähigkeit des TIM
Rc = Gesamter thermischer Kontaktwiderstand an den Oberflächen

Diese Formel belegt, dass die Gesamtwärmeleitfähigkeit wichtig ist, aber nur wenn gleichzeitig die Dicke des aufgetragenen TIM und die Gleichmäßigkeit des TIM über die gesamten Oberflächen berücksichtigt werden. Die Formel zeigt außerdem, warum Wärmeleitpasten seit langem eine beliebte Wahl sind. Sie bieten eine gute Benetzung der Kontaktflächen, was für einen geringen Kontaktwiderstand sorgt, und gleichzeitig eine dünne Verbindungsfuge. So gleichen Sie die Oberflächenrauigkeit der Kontaktflächen aus. Die neuen PCM bieten in diesen Bereichen jedoch eine ähnliche Leistung wie Wärmeleitpasten und haben gleichzeitig einige Vorteile, zum Beispiel bezüglich des Pump-Out-Effekts und der langfristigen thermischen Stabilität.

Die folgende Tabelle zeigt typische Werte für die Wärmeleitfähigkeit und den thermischen Widerstand von Wärmeleitpasten im Vergleich zu PCM aus dem Angebot an Wärmeleitprodukten von Electrolube:

Die folgende Tabelle zeigt typische Werte für die Wärmeleitfähigkeit und den thermischen Widerstand von Wärmeleitpasten im Vergleich zu PCM aus dem Angebot an Wärmeleitprodukten von Electrolube:

Pump-out-Effekt

In der Leistungselektronik werden häufig IGBT eingesetzt. Sie sind ein gutes Beispiel, um den Pump-out-Effekt zu verstehen. Sie bestehen aus einem mehreren thermischen Materialschichten mit verschiedenen Wärmeausdehnungskoeffizienten und einer sehr unterschiedlichen Gesamtwärmeleitfähigkeit, was zu Temperaturgefällen im gesamten IGBT führt.

IGBT und auch die meisten anderen Geräte durchlaufen eine Art thermischen Zyklus, auch wenn dieser nur aus dem Ein- und Ausschalten des Geräts besteht. Wenn Temperaturänderungen auftreten, dehnen sich alle Materialien im Gerät zu einem gewissen Grad aus oder ziehen sich zusammen. Dies hängt von der Temperatur ab, die das Gerät während des Betriebs erreicht, sowie von den Temperaturen, die die einzelnen Komponenten erreichen. Der Wärmeausdehnungskoeffizient ist von Komponente zu Komponente unterschiedlich, weshalb die Ausdehnung und das Zusammenziehen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit ablaufen können, was zu Problemen wie dem Pump-out-Effekt führt.

Übertriebene Darstellung der thermisch verursachten Bewegung der Grundplatte, die zum Pump-out-Effekt führt

Um den problematischen Pump-out-Effekt zu vermeiden, ist es wichtig, die Bedingungen und die beteiligten Materialien zu kennen. Der Pump-out-Effekt tritt zwischen den verbundenen Substraten auf, wenn sie sich bei Temperaturänderungen gegeneinander bewegen. Es entsteht eine Art Scherwirkung an der Oberfläche, die die Rheologie des Interface-Materials ändern und dazu führen kann, dass das Material sich von dem Ort wegbewegt, an dem es ursprünglich aufgetragen wurde. PCM verändern ihre Beschaffenheit über und unter der Phasenwechseltemperatur. Daher tritt kein Pump-out-Effekt auf und das Material bleibt über viele Temperaturänderungen stabiler.

Temperaturschock

Weitere Tests

Änderungen der Stromversorgung führen ebenfalls zu Temperaturänderungen im Gerät und somit auch zu Temperaturänderungen an den verbundenen Oberflächen. Elektrogeräte haben außerdem ihren eigenen Wärmekreislauf während des Betriebs, der durch Umgebungseinflüsse verstärkt werden kann. Temperaturänderungen führen, egal aus welchem Grund sie auftreten, in jedem Fall zu einem Pump-out-Effekt. Daher ist es sehr wichtig, die Stabilität des gewählten TIM unter Endnutzungsbedingungen zu prüfen.
Da die zu erwartenden Umgebungsbedingungen von den Anforderungen der Anwendung abhängen, wird üblicherweise eine Reihe von Tests speziell für die Anwendung und nicht basierend auf Standardbedingungen durchgeführt. Solche Tests finden meist in einem ähnlichen Rahmen statt und zeigen die Wärmebeständigkeit von TIM nach Temperaturwechselbeanspruchung, Langzeit Temperaturlagerung (thermisches Ausbacken) und der HAST-Prüfung (stark beschleunigte Belastungsprüfung). Als Maß für die Stabilität werden Wärmewiderstandswerte genutzt. Wie in den untenstehenden Diagrammen zu sehen ist, bieten diese beschleunigten Tests genauere Informationen zur Lebensdauer eines TIM im Vergleich zu standardmäßigen Tests mit aktivem Temperaturwechsel, die unter den exakten Einsatzbedingungen durchgeführt werden.

Langzeit-Temperaturlagerung
HAST

Die Bedeutung der Stabilität

Die Stabilität der TIM kann als visuelle Prüfung gesehen werden. Einfach ausgedrückt: Befindet sich das Produkt nach dem Testprogramm immer noch an derselben Stelle? Wenn ein Interface-Material sich bei einer thermischen Prüfung bewegt, entweder durch den Pump-out-Effekt oder durch die Auswirkungen der Schwerkraft bei vertikaler Ausrichtung, ist es wahrscheinlich, dass sich auch die Leistung des Produkts ändert. Als einfache Prüfung kann das Produkt auch zwischen zwei Substrate eingebracht und jede Bewegung oder Trennung des Materials bei Temperaturschockprüfungen beurteilt werden. Diese einfache Prüfung kann die Wichtigkeit der Verwendung eines thermischen Interface-Materials unterstreichen, besonders im Fall von Wärmeleitpasten. Diese nicht härtenden Produkte wurden zum Auftrag als dünner Film von ungefähr 50-100 Mikrometern entwickelt, werden aber oft viel dicker aufgetragen, was dazu führen kann, dass die Bestandteile der Wärmeleitpasten sich separieren oder relativ leicht bewegen, wenn Scherkräfte aufgrund des Pump-out-Effekts auftreten. Die Gesamteffizienz der Wärmeübertragung wird dadurch reduziert. Ein Phasenwechselmaterial wird nicht in derselben Weise durch den Pump-out-Effekt beeinträchtigt und weist eine höhere physische Beständigkeit auf als Wärmeleitpasten.

Im breiteren Kontext der TIM-Auswahl und der Stabilität des Materials sind die Alternativen, die einem Anwender zur Verfügung stehen, wichtig. Electrolube hat einige neue Produkte auf den Markt gebracht, die die Vorteile herkömmlicher Wärmemanagementlösungen mit der Stabilität kombinieren, die für Anwendungen mit häufigen Temperaturwechseln erforderlich sind. Sie härten ausschließlich an der Oberfläche und bilden eine stabile Verbindung, die aber auch einfach wieder entfernt werden kann, wenn Nacharbeit erforderlich ist. Weitere herkömmliche Produkte, die eine komplette Aushärtung und eine hohe Stabilität bieten sind Einkomponenten-Silikone oder Zweikomponenten-Epoxide. Eine Nacharbeit ist bei diesen Produkten jedoch wesentlich schwieriger. Auch bieten sie meist nicht den geringen Wärmewiderstand herkömmlicher Wärmeleitpasten.
Unabhängig davon, wie das Wärmeleitmaterial nach diesen Prüfungen aussieht, ist der wichtigste Punkt, ob der Wärmewiderstand an der Verbindungsstelle niedrig und konstant geblieben ist, da dies die Leistung des Geräts primär beeinflusst.

PCM haben unter vielen verschiedenen Bedingungen einen konstanten Wärmewiderstand gezeigt, wenn sie als Wärmeleitmaterial eingesetzt werden. Daher finden sie aufgrund ihrer Stabilität und ihrer Fähigkeit, einen geringen Wärmewiderstand aufrechtzuerhalten, Verwendung. Aber warum ist ihre Leistung unter diesen schwierigen Bedingungen so viel höher als die herkömmlicher Wärmeleitpasten?

Ein Phasenwechselmaterial ändert seine Beschaffenheit über einer bestimmten Temperatur von fest zu weicher, normalerweise bei ungefähr 50 °C. Dies wird durch die Verwendung eines Polymermaterials anstelle eines Grundöls als Basis der TIM-Formulierung erreicht. Die Polymerketten sorgen für eine höhere Stabilität der Dispersion des wärmeleitfähigen Füllmaterials sowohl im festen als auch im weicheren Zustand. Dies führt zu einer verbesserten Wärmeleitfähigkeit und auf lange Sicht zu einem geringeren Wärmewiderstand, da das Material über seine Lebensdauer im Gerät eine konstante Beschaffenheit aufweist. Wärmeleitpasten dagegen bestehen aus Grundölen mit kürzeren molekularen Ketten, die beim ersten Auftragen für eine hervorragende Benetzung sorgen, aber mit der Zeit zu Problemen wie dem Pump-out-Effekt, Austrocknen und Ölaustritt führen können.

Langkettige Polymerstruktur

Eine weitere wichtige Eigenschaft von PCM ist ihre Fähigkeit, Energie zu speichern und abzugeben, wenn sich die Beschaffenheit ändert. Dies führt zu einer Wärmeaufnahme und schützt das Gerät vor plötzlichen Temperaturspitzen, zum Beispiel aufgrund einer schnellen Änderung der Leistung.

Bei der Überlegung, ob sich ein PCM für eine Anwendung eignet, ist es wichtig, die Temperaturen und Temperaturprofile zu kennen, die im Gerät während des Betriebs auftreten. Während es zum Beispiel bei der Wahl des richtigen TIM für die effizienteste Leistung darauf ankommt, ob ein Gerät einer Temperaturwechselbeanspruchung ausgesetzt ist oder bei einer konstanten Temperatur betrieben wird, muss bei PCM die Phasenwechseltemperatur als zusätzlicher Faktor berücksichtigt werden. Wenn die konstante Betriebstemperatur des Geräts unter der Phasenwechseltemperatur liegt, arbeitet das Produkt nicht auf dem Niveau, das normalerweise von ihm erwartet wird.

Neue Produkte

Electrolube hat sein Wärmemanagementportfolio kürzlich um zwei neue wärmeleitfähige Phasenwechselmaterialien ergänzt: TPM350 und TPM550. TPM350 hat eine Wärmeleitfähigkeit von 3,5 W/m*K und beginnt ab einer Temperatur von ca. 50 °C weicher zu werden. Bei dieser „Enthärtungstemperatur“ ändert das Material seine Beschaffenheit und wird formbarer, wobei sich der Wärmewiderstand an der Verbindungsstelle verringert und die Wärmeleitfähigkeit verbessert wird. Sobald es abgekühlt ist, kehrt das Material in seinen Ursprungszustand zurück. Die hochentwickelte Rezeptur gewährleistet einen minimalen Kontaktwiderstand.

TPM550 weist eine höhere Wärmeleitfähigkeit von 5,5 W/m*K und eine „Enthärtungstemperatur“ von 45 °C auf. Genau wie das Produkt TPM350 ist TPM550 thixotrop, was den Pump-out-Effekt sowie einen Fluss außerhalb der definierten Flächen verhindert. Beide PCM können nachbearbeitet werden und sind sehr sparsam in der Anwendung, wodurch die Produktionskosten gesenkt werden.
Diese neuen PCM sind silikonfrei, haben einen Betriebstemperaturbereich von -40 bis +125 °C und sind RoHS konform. Sowohl TPM350 als auch TPM550 können im Siebdruck aufgetragen werden und enthalten nur kleine Mengen Lösungsmittel, um die Benetzbarkeit beim Auftrag zu verbessern. Dieses verdampft jedoch direkt nach dem Auftragen und lässt ein festes Phasenwechselmaterial auf dem Substrat zurück.

Schlussfolgerung

PCM werden zu stark thixotropen Flüssigkeiten, wenn sie über ihre Phasenwechseltemperatur erwärmt werden. Ihre Leistung entspricht der herkömmlicher Wärmeleitpasten und übertrifft diese in manchen Fällen sogar. Zudem sorgt die geringe Phasenwechseltemperatur über einen großen Temperaturbereich für eine minimale Dicke der Verbindungsfuge bei verbesserter Stabilität und weniger Anfälligkeit für den Pump-out-Effekt. Dank ihrer Auftragsmethoden für die Großserienfertigung können die meisten PCM, gegebenenfalls nach geringfügigen Änderungen, in bestehenden Produktionsverfahren eingesetzt werden. Sie ermöglichen Nacharbeit und bieten viele der Vorteile herkömmlicher Wärmeleitpasten. Da sie im Vergleich zu Wärmeleitpasten eine höhere Langzeitstabilität aufweisen, sind PCM besser für Anwendungen unter schwierigen Temperaturbedingungen geeignet, bei denen die Lebensdauer und Zuverlässigkeit des Produkts eine entscheidende Rolle spielen können, zum Beispiel Elektronik im Automobilbereich oder Wechselrichter für abgelegene Windkraftanlagen. Herkömmliche Wärmeleitpasten werden weiterhin eine gängige Wahl darstellen. Trotzdem werden sich die Phasenwechselmaterialien bei einigen Anwendungen, besonders solchen, die eine höhere Langzeitstabilität erfordern, wahrscheinlich durchsetzen.