Beth Turner (Senior Technical Manager – Resins Specialist) erläutert ihre Ansichten zum wichtigen Thema der Vergussmittelauswahl, der verfügbaren Chemietypen und deren Eigenschaften, der Anwendung, des Mischens und der Aushärtung.
Willkommen zum ersten Teil meines neuen Blogs zu Vergussmassen. Heute werde ich mich auf das alles entscheidende Thema der Auswahl von Vergussmaterialien, die verfügbaren Chemietypen und ihre Eigenschaften, die Anwendung, das Mischen und Aushärten konzentrieren. Zunächst möchte ich mich jedoch vorstellen. Mein Name ist Beth Turner. Ich arbeite seit 5 Jahren bei Electrolube, zunächst als Mitglied des Global Technical Support Teams. Bevor ich zu Electrolube gewechselt bin, habe ich als Forschungs- und Entwicklungschemikerin bei Apollo Chemicals an Klebstoffen, Harzen und Conformal Coatings gearbeitet. Ich habe an speziellen Projekten gearbeitet, darunter biofunktionale Nanobeschichtungen und Beschichtungen zum Schutz von Elektronik in rauen Umgebungsbedingungen.
Wenn es um die Auswahl und Anwendung von Vergussmassen geht, gibt es viel zu besprechen. Ich hoffe, Ihnen in den kommenden Monaten einige nützliche Tipps und Design-Ratschläge geben zu können, die Ihnen bei Ihrer Suche nach einem zuverlässigen Material zum Schutz Ihrer Elektronik helfen werden. Zum Auftakt der Serie über Vergussmassen werde ich zunächst auf einige Grundlagen zurückkommen, um den Elektronikentwicklern unter Ihnen zu helfen, einige der wesentlichen Eigenschaften von Kunstharzen zu verstehen, bevor sie entscheiden, welches das für die jeweilige Aufgabe am besten geeignete Material ist.
Wie Sie das richtige Vergussmaterial für Ihre Anwendung auswählen
Die Auswahl des richtigen Vergussharzes ist wahrscheinlich der kritischste Aspekt des Designprozesses. Es ist unbedingt notwendig zu verstehen, wo und wie das fertige Gerät eingesetzt werden soll und welche Leistungskriterien von ihm erwartet werden. Am besten ist es, eine Liste der Umgebungs- oder Standardbetriebsbedingungen zu erstellen, denen das Gerät ausgesetzt sein wird, und dann aufzulisten, was als Extreme dieser Betriebsbedingungen zu erwarten ist.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Zeitspanne, in der das Gerät den extremsten Betriebsbedingungen ausgesetzt ist. Zum Beispiel ist es ein großer Unterschied, ob ein Chemikalien beständiges Material, einem permanenten Eintauchen in Frostschutzmittel standhalten, oder nur gegen gelegentliche Frostschutzmittelspritzer, welche nach kurzer Zeit wieder abgewischt werden, beständig sein muss.
Ähnlich verhält es sich, wenn eine Anwendung eine maximale Temperatur von +150°C erreicht, dies aber nur einmal am Tag für ein paar Minuten auftritt und die restliche Zeit die normale Betriebstemperatur von 90°C beträgt. In diesen Fällen kann es ausreichend sein, eine Vergussmasse mit einer maximalen Betriebstemperatur von, sagen wir, +100°C zu spezifizieren. Die meisten polymeren Materialien tolerieren über kurze Zeiträume größere Temperaturausschläge als ursprünglich für den Dauerbetrieb angegeben, ähnlich denen, die in typischen Reflow-Profilen auftreten.
Zu den weiteren zu berücksichtigenden Anwendungsanforderungen könnte die Flammwidrigkeit gehören. Ist eine UL-Zertifizierung als Teil der Materialqualifizierung unerlässlich oder ist es üblich, den internen Prüfbericht eines Herstellers zu akzeptieren? Für LED-Leuchtmittel hingegen ist die optische Klarheit und UV-Beständigkeit wichtig. Informationen über Änderungen der korrelierten Farbtemperatur (CCT), des Farbraums (L*a*b*) und der Gesamtfarbdifferenz (delta E*) können nützlich sein, wenn ein Material qualifiziert werden soll, um es direkt über eine Leiterplatte mit LEDs und Linsen zu vergießen. Vielleicht möchte ein Entwickler sein Leiterplattendesign vor dem Diebstahl seines geistigen Eigentums schützen. In diesem Fall ist es besser, eine undurchsichtige Vergussmasse zu wählen. Für viele Branchen ist HF-Kommunikation wichtig. Für diese Baugruppen kann man Gießharze mit kleinem Verlusttangens und niedriger Dielektrizitätskonstante verwenden, um eine elektrische Isolierung zu gewährleisten.
Die Elektrifizierung in der Transportindustrie erfordert elektrische Komponenten mit hoher Leistungsdichte, um große Reichweite und hohe Antriebsleistung zu ermöglichen. Um die von kleinen, leistungsstarken Bauteilen erzeugte Wärme zu bewältigen und so eine langfristige Leistung zu erhalten, können wärmeleitende Vergussmassen die Wärme effektiv von den sich erwärmenden Bauteilen zu einem Kühlkörper ableiten. Es gibt eine Vielzahl an Messmethoden zur Bestimmung der thermischen Eigenschaften, einschließlich stationärer und instationärer Methoden. Jede Methode liefert unterschiedliche Ergebnisse, so dass es sich lohnt, dies beim Vergleich der Literatur verschiedener Hersteller zu berücksichtigen.
Welche Arten von Vergussmassentpyen gibt es?
Die Chemie der Vergussmassen kann man in drei Hauptklassen unterteilen: Epoxid, Polyurethan und Silikon. Epoxidharz ist das stärkste und chemisch widerstandsfähigste der drei. Allerdings ist es spröde, schwer oder gar nicht für Nacharbeiten zu entfernen und normalerweise auf Betriebstemperaturen zwischen -40°C und +150°C beschränkt. Epoxidharze bieten eine hervorragende Haftung auf einer Vielzahl von Substraten.
Die zähen und flexiblen Polyurethane sind für Anwendungen bei niedrigeren Temperaturen geeignet. Typischerweise sind Polyurethanharze nur für Anwendungen geeignet, die über einen längeren Zeitraum Höchsttemperaturen von 110°C erreichen (obwohl einige bis 130°C gehen können). Die chemische Beständigkeit eines Polyurethanharzes ist im Allgemeinen geringer als die eines Epoxids. Allerdings übertreffen Polyurethane Epoxide in der Wasserbeständigkeit sowie Umgebungen mit hoher Luftfeuchtigkeit. Polyurethanvergussmassen werden typischerweise in maritimen Anwendungen eingesetzt, wo die Beständigkeit gegen das Eindringen von Wasser kritisch ist. Auch eignen sie sich für Anwendungen, die einer hohen physikalischen Belastung ausgesetzt sind, wie z. B. der Verguss von Beschleunigungsmessern oder von Sensoren, die in Straßenbeläge eingebettet sind. Wenn große Temperaturschwankungen über einen kurzen Zeitraum zu erwarten sind, ist die flexible Beschaffenheit dieses Materials von Vorteil, damit die Gefahr des Auftretens von Spannungsrissen gering ist.
Silikonvergussmassen haben den größten Betriebstemperaturbereich (-50°C bis +220°C) und sind im ausgehärteten Zustand die flexibelste der drei Vergusstypen. Ihre Adhäsion auf bestimmten Substraten ist allerdings nicht sehr gut, ebenso wie ihre chemische Beständigkeit, insbesondere gegenüber Chemikalien, die im täglichen Gebrauch häufiger vorkommen, wie Alkohole, Aromaten und Ketone.
Obwohl sie sich in ihren Leistungsmerkmalen stark unterscheiden, verfügen alle Harztypen über hervorragende elektrische Isolationseigenschaften in ihrem jeweiligen Temperaturbereich. Die Vergussmassenchemie hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. So gibt es mittlerweile Materialien von führenden Anbietern wie Electrolube, die Eigenschaften und Leistungskriterien aufweisen, welche oft weit über die für den speziellen Harztyp zu erwartenden normalen Grenzen hinausgehen.
Wie viel Vergussmasse wird benötigt?
Als Faustregel gilt, dass die Menge der aufzutragenden Vergussmasse ausreichen muss, um die Oberseite der höchsten Komponente der Leiterplatte zu bedecken. Auch muss die Dicke der Harzschicht den gewünschten Schutzgrad bieten können. Während die meisten Kunden die Mindestdicke der Vergussschichten für ihre speziellen Anwendungen durch Versuch und Irrtum ermitteln, bietet das entsprechende technische Datenblatt eine gute Orientierungshilfe. Auch hilft Rücksprache mit Ihrem Lieferanten oft, ein Problem zu lösen.
Was sind die Schlüsselfaktoren für ein erfolgreiches Mischungsverhältnis?
Das Mischungsverhältnis ist wahrscheinlich der kritischste Aspekt beim Mischen von Vergussmassen. Machen Sie sich auf langfristige negative Auswirkungen gefasst, wenn Sie hier einen Fehler machen. Es gibt zwei Methoden, ein Harz mit dem dazugehörigen Härter zu mischen, entweder von Hand oder mit Hilfe eines speziellen Dosiergeräts. Wenn Sie von Hand mischen, ist das Gewichtsverhältnis der beiden Komponenten die sinnvollere Methode. Beim Mischen mit einem Dosiergerät wird hingegen das Volumenverhältnis verwendet.
Wenn der Auftrag relativ klein ist, werden Sie wahrscheinlich einen Mischbeutel verwenden, welcher Harz und Härter in präzisen Mengen in separaten Kammern der Packung enthält. Wenn Sie bereit sind, das Produkt zu verwenden, entfernen Sie einfach den Clip oder eine andere Trennvorrichtung zwischen den Kammern und vermischen Sie beide Komponenten im Beutel, bis Sie sicher sein können, dass beide Komponenten vollständig vermischt sind. Für weitere Unterstützung bei der Mischtechnik gibt es ein “How to”-Video im Wissenszentrum der Electrolubewebsite. Für größere Produktionsaufträge werden Harz und Härter in separaten Großbehältern geliefert, die für die Verwendung mit Zweikomponenten-Dosier- und Mischanlagen geeignet sind. Es ist wichtig, die Schussgrößen für jedes zu vergießende Bauteil regelmäßig zu überprüfen, um sicherzustellen, dass die richtigen Mengen an Harz und Härter dosiert werden.
Beim Mischen von Harz und Härter ist es wichtig, das Einbringen von übermäßigen Luftmengen zu vermeiden, die im ausgehärteten Harz Mikrobläschen bilden würden. Harz und Härter, welche für Polyurethanvergussmassen verwendet werden, sind besonders feuchtigkeitsempfindlich, daher ist es wichtig, feuchte Bedingungen beim Vergießen zu vermeiden, um die Bildung von Mikroblasen zu verhindern. Diese Mikrobläschen können insbesondere bei thermischer Belastung des Verguss zu Problemen führen. Wenn Sie mit dem Mischen von Bulkware nicht zufrieden sind und die potenziellen Probleme durch das Einbringen von zu viel Luft (und Feuchtigkeit) in die Mischung nicht mehr in Kauf nehmen wollen, dann ist es vielleicht sinnvoller, automatische Misch- und Dosieranlagen zu verwenden, die Harz und Härter im richtigen Verhältnis und normalerweise in einer inerten Atmosphäre genau mischen.
Denken Sie daran: Ein falsches Mischungsverhältnis führt zu einer schlechten Aushärtung und somit zur Abweichung der physikalischen Eigenschaften, wie der Zugfestigkeit, Dehnung und des E-Moduls, von denen im Datenblatt des Herstellers.
Wichtige Überlegungen zur Aushärtetemperatur
Sobald ein Harz und der dazugehörige Härter gemischt sind, kann die Vernetzungsreaktion sehr schnell und als stark exotherme Reaktion ablaufen, was zu einer Kettenreaktion führen kann. Denken Sie daran, dass die Exothermie auch mit zunehmendem Vergussvolumen ansteigt. Nicht alle Reaktionen haben eine hohe Exothermie. Die Exothermie kann durch Anpassung der Rezeptur oder durch Verwendung eines gefüllten Systems gesteuert werden, da die Füllstoffe einen Teil der Wärme absorbieren sowie die Konzentration der aktiven Komponente im Härter, die diese schnelle Aushärtung fördert, reduzieren. Die Kontrolle der Temperatur während des Aushärtungsprofils ist wichtig, da die Komponenten, die vergossen oder gekapselt werden müssen, durch erhöhte Temperaturen beeinträchtigt werden können. Es ist wichtig, das empfohlene Aushärtungsprofil einzuhalten, um sicherzustellen, dass die Vergussmasse vollständig ausgehärtet ist und die erzielten physikalischen Eigenschaften mit den Angaben im Datenblatt des Herstellers übereinstimmen.
Ich hoffe, Sie fanden die oben genannten Punkte nützlich und informativ. Bitte wenden Sie sich an unser technisches Support-Team, wenn Sie Beratung für Ihre Vergussanwendung benötigen. Bis dahin verpassen Sie nicht meinen nächsten Artikel, in dem ich mich eingehender mit Vergussmassen beschäftigen werde. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an unser technisches Support-Team, z. B. über unsere Internetseite oder per Chat.